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Eine Tote, viele Verwundete
Der falsche Ruf nach Gerechtigkeit

von Jürgen Mick

Nun, eine ist bereits tot, zu Grabe getragen in Ankara, und ausgerechnet die Dienstälteste liegt jenseits des Atlantiks schwer geschändet darnieder und wimmert in den letzten Zügen um Gnade. Manche andere Demokratie spielt noch mit dem Infektionsherd!

Alle suchen nach der Wahrheit und nach belastbaren Fakten. Jedermann ruft nach Gerechtigkeit, und was tut die Welt? Westliche Demokratien schaffen ihre Rechtsstaatlichkeit ab! Nur, weil jemand kommt und das Alte diskreditiert, indem er vorgibt, im Besitz neuer alleiniger Wahrheit zu sein? Ja, geht es noch?

Könnte da nicht jeder kommen?, hätte man noch vor wenigen Jahren gefragt. Ja, leider jeder, und wenn er zudem über reichlich Beziehungen und das Vermögen verfügt, hört ihm auch noch eine von Unzufriedenheit infizierte Masse zu. Aber, genau deshalb hat man Demokratien eingeführt, um den Einfluss weniger Reicher und Adliger auf das Gemeinwesen einzuschränken, und das Wohl aller nicht deren Interessen und Almosen auszuliefern.

Doch kümmern wir uns um die Infektion. Demokratien sehen sich aktuell befallen vom Virus der "vermeintlichen Ungerechtigkeit", dem Immunschwäche-Virus der Gesellschaft. Alles ist ungerecht, das Schlechte und Böse regiert und das Bestehende ist das Werk von Verbrechern und Lügnern. So stellt sich die Welt in den Augen der Ungerechtbehandelten dar. Wodurch wird diese Sorge ausgelöst? Was sickert da ein, in die demokratischen Bündnisse?

Es ist das Schwarze Gift der Zwietracht. Das davon handelt, dass die Ungerechtigkeit grassiert und man selbst von Benachteiligung gepeinigt wird. Erst auf dem Nährboden von Neid, Missgunst und Missachtung kann die Volksseuche der Verachtung der Demokratie gedeihen. Die Sorge ist, dass die Abwehrmechanismen gegen jene Schwarzmaler zu schwach werden. Die Frage muss sein, wie kann man sich vor der Epidemie schützen? Sind wir auf dem Alten Kontinent gewappnet gegen die Seuche der Beleidigten und resistent gegen sinnentleerte Versprechen?

Da helfen zwei erste Vorsichtsmaßnahmen:
Erstens: Man glaube niemandem, der einem einreden will, dass man persönlich ungerecht behandelt werde. Die eigene Missachtung ist das offene Einfallstor jedes Populisten. Wer glaubte nicht gerne daran, ihm stünde mehr zu vom Kuchen? Ein Schelm, wer das leugnen mag.
Zweitens: Man misstraue jedem, der genau das ändern will und verspricht, der Gerechtigkeit zu ihrem Recht zu verhelfen. Womit man im Handumdrehen dem bereits geltenden Recht die Legitimität abgesprochen hat.

Wenn man sich dann noch erinnert, dass unsere Demokratie in erster Linie auf einem Rechtsstaat basiert, der dazu erfunden wurde, dass nicht nach Gerechtigkeitsempfinden von individuellen (meist schlecht frisierten) Personen Recht gesprochen wird, sondern nach Maßstab von Verfassung und Gesetz, durch ein institutionelles Gericht, dann sollte klar sein: Nur das Vertrauen in unsere Institutionen kann uns retten!

Mehr Recht statt Gerechtigkeit! Der Ruf nach Gerechtigkeit ist immer einer aus dem Munde von jemandem, der zu wissen glaubt, was gerecht ist. Nicht von einem, der das Recht für alle gelten lässt. Der Aufruf Personen mehr Vertrauen zu schenken, als Institutionen appelliert an unser Stammhirn, hat sich aber mittlerweile in der sozialen Evolution bis zur Moderne als gänzlich ungeeignet erwiesen: Zuviel individueller Missbrauch. You know? Great!

Die Demokratie schafft sich selbst ab, heißt es hoch theatralisch, angesichts weltweiter Verfallserscheinungen eines politischen Systems, das dafür angetreten ist, der Klasse der Mächtigen und Reichen die Entscheidungen über das Wohl der Menschen aus der Hand zu nehmen. Es ist schon paradox: Die Demokratie sei entmachtet und die Autokratie der Reichen, ob Monarchie, Oligarchie und Aristokratie, egal (nicht legal!), soll alles besser machen?
Über Recht und Gerechtigkeit entscheidet der Autokrat grundsätzlich selbst. Der Abschaffung des Rechtsstaates wird immer seine erste Amtshandlung gelten. Dazu muss jede Kontrollinstanz diskreditiert werden, das heißt über die Öffentliche Meinung die Lufthoheit erobert werden. Ja, vom Erdogan lernen, heißt Alleinherrschaft lernen.

Besser wäre noch, gleich vom Führer aller Führer selbst zu lernen, dann könnte man noch gleich recherchieren, wie die Sache eigentlich ausgegangen ist. Soviel vorweg: Sieger sehen anders aus. Sieger sind sie alle nicht und werden sei nie sein, alle seine Nachahmer. Sich in einem feuchtkalten Luftschutzbunker die Kugel zu geben, hat so gar nichts Glamouröses. Vermutlich würde Trump sich zumindest im Penthaus seiner eigenen Türme von zwölf minderjährigen Jungfrauen in einem mit Dom Pérignon gefüllten, sieben Meter tiefen Jacuzzi, ertränken lassen. Aber Sieger ist er auch dann keiner.

Gewonnen hat dann eigentlich der schmächtige Zauselbart vom Schulhof, Osama - wer kennt ihn noch - Bin Laden. Er hat die größte Demokratie der Welt besiegt. Respekt! Sie ist bis in Ihre Grundfesten zerbrochen, bis nur noch Geld übrig geblieben ist. Alle sind sie ihm auf den Leim gegangen.

Darum setzen wir auf die Hoffnung, dass wir uns nicht anstecken mit dem Virus der Ungerechtbehandelten. Wir glauben nie an die Lüge von der Gerechtigkeit. Sie entsteht immer nur im Auge des gekränkten Betrachters. Die Demokratie verteidigen heißt, das Recht der Gerechtigkeit vorziehen: Den Institutionen zu vertrauen - nicht einzelnen Personen! Das könnte uns noch einmal vor dem Schlimmsten bewahren.

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