Hoberman´s
Abschied
von
Günter Schweigard
Auch
wenn man während des Jahres kaum die Notwendigkeit verspürt,
darüber nachzudenken, so wird man sich in der Vorweihnachtszeit,
fast wie von selbst, des weitreichenden Vorteils bewusst, in einer freien
Welt zu leben. Einem jeden, der zeitig genug bei der Zentralverwaltung
einen entsprechenden Antrag eingebracht hat, steht es frei, auf einen
der zahlreichen Weihnachtsmärkte zu gehen, sich vom dort herrschenden
süßen Mandelgeruch umschmeicheln zu lassen und nach dem Genuss
mehrerer Tassen eines hochprozentigen Glühweingetränkes, herzhaft
in eine Rostbratwurstsemmel mit Senf beißend, der engelsgleichen
Stimme des mit Hilfe eines mehrwöchigen Castings ausgewählten
blondgelockten goldgekrönten Mädchens zu lauschen, das alle
Anwesenden, vom nahen Rathausbalkon herab, hier, an diesem friedlichen
Ort, willkommen heißt.
Lediglich beim Betreten des Weihnachtsmarktes, kurz bevor man die schmale
Klimaschleuse durchquert, muss man sich einer Leibesvisitation, durch
geschultes Personal, unterziehen. Bereitwillig hebt man, sich leicht
vorbeugend, den gestreckten rechten Arm und hält den Handrücken,
unter dessen Haut sich bereits seit Kleinkindtagen ein kaum spürbarer
Elektronikchip befindet, unter das mobile Scangerät, welches in
Sekundenschnelle die Zutrittsberechtigung feststellt. Hat man aber diese
etwas lästige, mittlerweile jedoch zur Routine gewordene, Sicherheitskontrolle
überstanden, und man tritt in die künstlich geschaffene Klimazone
des Weihnachtsmarktes ein, spürt erstmals die eiskalte Luft, die
das Atmen schwer macht, hört den pulverigen Schnee unter den Schuhen
knirschen, Schnee, der von den unzähligen geräuscharmen Schneekanonen,
die auf den Dächern der umliegenden Häuser installiert sind,
herausgeblasen wird und dann sanft auf den Platz herniederrieselt, so
vergisst man schnell alles Kulissenhafte inmitten der festlich geschmückten
und mit perfektem Pulverschnee überzuckerten Weihnachtsmarktbuden.
Voller Vorfreude gibt man sich der Illusion hin, es sei alles noch so,
wie zu jener lang vergangenen Zeit, als in diesen Breitengraden unseres
Planeten noch wirklich Schnee gefallen war.
Hoberman fliegt kreisend durch die warmen Luftschichten über dem
Weihnachtsmarkt, bis er die richtige Stelle gefunden hat, um den Sinkflug
einleiten zu können. Den optimalen Anflugwinkel beibehaltend, durchstößt
er mit seinem Fluggerät das hochkomplexe Luftschichtensystem, welches
mittels prozessorgesteuerter elektrischer und chemischer Abläufe
sorgfältig feinjustiert wurde, sodass es zu keinem unbeabsichtigten
Austausch zwischen der künstlich erzeugten kalten Klimazone, im
Bereich des Weihnachtsmarktes und den, erheblich wärmeren darüber
liegenden, natürlichen Luftschichten kommen kann. Routiniert, geht
Hoberman in den Schwebeflug über. Auf einem seiner Monitore bietet
sich ihm, trotz des starken Schneefalles, ein ausreichend klares Luftbild
des Weihnachtsmarktes. Mehrere, in sein Fluggerät integrierte Kameras
projizieren weitere Bilder auf die in seinem Blickfeld angebrachten
Nebenmonitore. Hoberman verschafft sich einen ersten Eindruck der Situation.
Routiniert beginnt er damit, den, früh am Morgen, von der Zentralverwaltung
ausgegebenen Einsatzplan abzuarbeiten. Er zoomt sich nahe an eine Gruppe
junger Männer heran, die mit landesuntypischen Lederhosen und Schuhen,
mit seltsam hochgezogener Spitze, bekleidet sind. Im Hoberman vorliegenden
Personenverzeichnis sind sie als Abordnung des indigenen Volksstammes
der Samen betitelt. Schon vor Wochen hatten sie ihre Reise zum hiesigen
Weihnachtsmarkt als Exkursion, zum Zwecke des Erspürens der,
in früheren Zeiten, vorherrschenden klimatischen Bedingungen ihrer
Heimatregion, bei der Zentralverwaltung beantragt. Gut unterrichteten
Sicherheitsexperten war hingegen zugetragen worden, dass sich innerhalb
der Gruppe einige gewaltbereite ehemalige samische Rentierhirten befinden
sollen, die möglicherweise mit der Absicht hierher gereist waren,
eine unangemeldete Protestaktion, gegen die, von der Zentralverwaltung
beschlossene, bevorstehende Zwangsauflösung ihrer Hirtengemeinschaft,
hier, auf dem Weihnachtsmarkt, durchzuführen. Noch scheint jedoch
alles ruhig zu sein. Hoberman beobachtet, wie die Männer miteinander
reden und, von Zeit zu Zeit, gelassen an ihren Glühweintassen nippen.
Ein Zugriff, wie im Einsatzplan nachdrücklich empfohlen, scheint
in Hoberman´s Augen noch verfrüht zu sein. Er stellt die
Kamera auf "Automatische Zielverfolgung", legt sich
das Bild auf einen seiner Nebenmonitore und beginnt, fast zeitgleich,
eine langsame Linksschleife zu fliegen, um dann sein Fluggerät
erneut, wie in unzähligen vorangegangenen Manövern eingeübt,
in nahezu bewegungslosem Schwebeflug verharren zu lassen.
Bevor Hoberman sich einem weiteren Überwachungsziel, einer ordnungsgemäß
angemeldeten zehnköpfigen Gruppe aus der hiesigen kongolesischen
Community, zuwenden wird, beherzigt er die von der Zentralverwaltung
regelmäßig angemahnte Einhaltung der Pausenzeiten. Er nimmt
einen kräftigen Schluck des extra nach seinen Bedürfnissen
zusammengestellten Energydrinks. Wohlwissend, dass sein Fluggerät,
selbststeuernd, alles weitere für ihn übernehmen würde,
tritt er hinaus auf die Dachterrasse der luxuriösen Hotelsuite,
von wo aus er schon seit mehreren Tagen seine Einsätze fliegt und
blickt hinunter auf die nachmittägliche Weihnachtsbetriebsamkeit
einer Millionenstadt, die sich mehr als siebentausend Kilometer von
dem Weihnachtsmarkt entfernt befindet, über dem soeben seine Drohne
schwebt. Hoberman wird an diesem Tag erstmals wieder bewusst, dass heute
Abend nach der Weihnachtsfeier, früher als er dies je für
möglich gehalten hatte, sein Dienst, hier, beim Geschwader 62,
beendet sein wird. Heute Abend noch wird er in den vorzeitigen Ruhestand
entlassen werden, obwohl er die dafür notwendige Altersgrenze noch
längst nicht erreicht hat.
Der
Anlass hierfür liegt bereits ein knappes Jahr zurück. Ein
sichtlich angespannter General Schlesinger hatte ihn damals, nach den
Feiertagen, zu einer Unterredung einbestellt, um den Sachverhalt eines
kuriosen Zwischenfalls zu klären, der sich während des Bereitschaftsdienstes,
an Heiligabend, zugetragen hatte und in den Hoberman maßgeblich
verwickelt gewesen war. Die Behauptung General Schlesingers, er, Hoberman,
sei lediglich der täuschend echten Graphik eines Videospieles aufgesessen,
hielt Hoberman anfänglich für einen schlechten Scherz. Zu
eindeutig war die pure Angst gewesen, die er in den beiden Augenpaaren
des jungen Nazareners und seiner Frau, die sich schützend über
eine Krippe mit ihrem friedlich schlafenden Neugeboren beugte, wahrgenommen
hatte.
Captain Dunbar, Sergenant Townsend und Doc Candela, hätten, wie
General Schlesinger weiter ausführte, in völliger Übereinstimmung,
zu Protokoll gegeben, dass sie, alle drei, mit Kopfhörern dagesessen
und darüber hinaus vollständig auf das Videobild mit den angstvoll
aufgerissenen Augenpaaren eine jungen Frau und eines bärtigen Mannes,
die in eine über ihren Köpfen kreisende Kamera starrten, fixiert
gewesen waren, sodass sie Hoberman nicht bemerken konnten, als dieser
den Raum betrat. Die weitere Aufarbeitung der Geschehnisse stütze
sich daher auf die Aussage des ebenfalls dabei gewesenen Callgirls Cynthia,
das, von der Dachterrasse aus, beobachtet hatte, wie Hoberman laut schreiend
auf die drei Männer zugestürzt war. Mit wilden Armbewegungen,
sich einen Weg bahnend, habe er dann den völlig überraschten
Captain Dunbar und den weiterhin unbeirrt auf den Bildschirm starrenden
Doc Candela vehement zur Seite gestoßen, sei dann, mit grausam
verzerrtem Gesicht, über Sergeant Townsend hergefallen und habe
versucht dessen Hand vom Joystick zu reißen. Als ihm dies nicht
gelingen wollte, habe er von Sergeant Townsend abgelassen, sei, trotz
der Umklammerung der geistesgegenwärtig reagierenden Captain Dunbar
und Doc Candela, auf den, üblicherweise, zentral im Raum installierten
roten Buzzer, dessen Betätigung das bereits eingeleitete Abfeuern
einer Granate, innerhalb einer minimalen Zeitspanne, unterbindet, zugestürmt
und habe, noch im Fallen, mehrmals mit krampfhaft geballter Faust auf
diesen eingeschlagen. Kurzzeitig habe sich daraufhin im Raum schallendes
Gelächter breit gemacht, wie sich das Callgirl Cyntia zu erinnern
glaubte, was, nach Hoberman´s seltsam anmutender Überreaktion,
nicht weiter verwunderlich sein konnte; doch als dann kurze Zeit später
allen Beteiligten endlich klar geworden war, dass Hoberman´s unüberlegte
Betätigung des roten Buzzers weitreichende Ermittlungen einer Untersuchungskommission
der Zentralverwaltung nach sich ziehen würde, hätten alle
nur noch stumm auf die angstvoll aufgerissenen Augenpaare gestarrt,
die immer noch, unbeweglich eingefroren, auf dem Bildschirm zu sehen
waren. Minutenlang sei daraufhin einzig und allein, Hoberman´s
grauenvoll hechelnde Atmung zu hören gewesen, bis dieser schließlich
wortlos den Raum verlassen und Meldung gemacht habe. General Schlesinger
war erwartungsgemäß der Überzeugung, es könne keinerlei
Zweifel daran geben, dass die Aussagen von Captain Dunbar, Sergeant
Townsend und Doc Candela der Wahrheit entsprechen und, dass auch die
Aussage des ordnungsgemäß vereidigten Callgirls Cynthia nicht
im Geringsten anzuzweifeln sei, so dass ihm, General Schlesinger, keine
andere Wahl bleibe, als ihn, Hoberman, bis auf weiteres vom Dienst zu
suspendieren. Darüber hinaus, sei es für ihn das Naheliegende,
Hoberman würde seinen Dienst, zum Ende des Jahres, freiwillig quittieren.
Sollte sich Hoberman zu diesem Schritt entschließen, könne
man immerhin versuchen, bei der Zentralverwaltung eine großzügige
Einmalzahlung durchzusetzen. Hoberman müsse letztlich einsehen,
dass, auch wenn alle medizinischen Tests ihm wohl auch noch weiterhin
seine Diensttauglichkeit bescheinigen würden, er doch immer jenen
Verhaltensweisen verhaftet bliebe, die ihn in früheren Jahren,
zum erfolgreichsten Kampfflieger des Geschwaders 62 gemacht hätten,
Verhaltensweisen, die ihm jetzt beim Einsatz am Joystick jedoch unweigerlich
im Wege stehen würden. Heutzutage, da nicht mehr in Staffeln geflogen
werde, sondern jeder einzelne Pilot, mit kinderleicht zu beherrschenden
Drohnen, von einer luxuriös ausgestatteten Hotelsuite aus, weltweit
Einsätze fliege, ohne sich jemals der Gefahr des eigenen Abschusses
ausgesetzt zu sehen, seien Teamgeist, vorausschauendes Handeln und vor
allem, die Fähigkeit des fachkompetenten Hineinhorchens in das
Fluggerät, nicht mehr von Nöten. Alles Einzelkämpfer,
schreckliche Egoisten, überhebliche Snobs, brach es aus General
Schlesinger heraus. Dass die jüngeren Kameraden es mittlerweile
als völlig normal ansehen würden, zur gutbezahlten Weltelite
zu zählen und, noch dazu, außerhalb der Dienstzeit damit
derart kokettierten, empöre ihn in höchstem Maße. Der
Einsatz am Joystick sei eben nichts für Piloten des alten Schlages,
die noch selbst im Cockpit eines Jets gesessen waren. Trotz allem habe
sich die Welt verändert und die herkömmliche Fliegerei sei
nicht mehr zeitgemäß, was keiner mehr bedauern würde
als er, General Schlesinger selbst, sei er doch, wie Hoberman sich gewiss
gerne erinnere, in jungen Jahren, mit ihm zusammen, ebenfalls noch,
im Cockpit sitzend, gegen den Feind geflogen.
Hoberman nahm die letzten Worte General Schlesinger´s kaum mehr
war. Im Laufe der Unterredung hatte sich bei ihm eine vollständige
Verwandlung vollzogen. Er hatte keinerlei Versuch unternommen, sein
Verhalten, gegenüber General Schlesinger, in irgendeiner Form zu
rechtfertigen. Er gestand sogar unumwunden ein, jene elektronische Nachricht,
welche die Freigabe der Weihnachtsedition eines beliebten Videospieles,
zur uneingeschränkten Nutzung auf allen geschwadereigenen Rechnern
zum Inhalt hatte, wohl erhalten, diese aber nicht gelesen zu haben,
wodurch es erst zu jenen fatalen Missverständnissen, an Heiligabend,
in der Hotelsuite, hatte kommen können. Er gab an, die von General
Schlesinger in Aussicht gestellte Einmalzahlung annehmen zu wollen und
unterschrieb schließlich die Einverständniserklärung
für seinen vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand, zum Ende des
Jahres. Hoberman hatte erkannt, dass seine Zeit war vorbei war.
Hoberman
lässt sich auf dem komfortablen Ledersofa nieder und übernimmt
wieder die Kontrolle über sein Fluggerät. Die letzten Stunde
seines Dienstes, hier, in der Hotelsuite ist angebrochen. Die Schwarzafrikaner,
vor Kälte fast erstarrt, singen trotzdem andächtig den, von
einem bekannten Schlagersternchen neu interpretierten, Weihnachtsklassiker
"White Christmas". Hoberman huscht ein Lächeln über
das Gesicht. Die Welt hat sich verändert, zweifellos. Die heutige
Weltzivilisation muss man sich als durchweg friedlich und tolerant vorstellen.
Schon seit Jahren gibt es keine Kriege mehr. Lediglich mehr oder weniger
unbedeutende Scharmützel rivalisierender Kleingruppen, unterschiedlicher
weltanschaulicher Einstellung, sind in seltenen Fällen noch zu
verzeichnen, die jedoch von Spezialisten der Zentralverwaltung, durch
vorzüglich abgestimmte Aufklärungsarbeit, frühzeitig
geortet und von Hoberman und seinen Kameraden meist in kürzester
Zeit dauerhaft beendet werden. Die restliche Dienstzeit kann man darauf
verwenden, die, von der Zentralverwaltung langfristig angelegten, aber
täglich neu ausgegebenen und der jeweiligen Situation angepassten
Einsatzpläne abzuarbeiten, die zum Ziel haben, ein Anwachsen der
Weltbevölkerung auf eine Zahl von über neun Milliarden Menschen
zu verhindern. Darüber die Kontrolle zu behalten obliegt allein
der Zentralverwaltung. Von oben gesehen, ist schnell klar, wo man agieren
muss.
Eine
Eilmeldung der Zentralverwaltung, in roten Lettern, erscheint blinkend
am unteren Bildschirmrand: Abschussquote nicht eingehalten!
Hoberman
beschließt, die Eilmeldung der Zentralverwaltung zu ignorieren.
Weder das Verhalten der samischen Exkursionsteilnehmer war zu beanstanden
gewesen, noch hatte er bis zu diesem Zeitpunkt irgendein Fehlverhalten
bei den Schwarzafrikanern ausmachen können, welches sein Eingreifen
aus seiner Sicht hätte rechtfertigen können. Hoberman gibt
sein Fluggerät frei, woraufhin sich die Drohne, selbststeuernd,
einen freien Landeplatz in einem der nächstgelegenen Wartungszentren
sucht. Er packt die wenigen herumliegenden persönlichen Dinge zusammen.
Mit dem Rest des Energydrinks schluckt er, wie in seinem persönlichen
Gesundheitsplan vorgegeben, das letzte seiner Dragees hinunter, die,
nach Dienstschluss seine Stimmung aufzuhellen versprechen. Seine letzte
Amtshandlung besteht darin, eine elektronische Nachricht an General
Schlesinger zu senden, in der er ankündigt, an der diesjährigen
Weihnachtsfeier nun doch nicht teilnehmen zu wollen und er sich also
auf diesem Wege offiziell von ihm verabschiede. Hoberman verlässt
die Hotelsuite, ohne sich ein weiteres Mal umgesehen zu haben, fährt
mit dem Lift hinunter, durchquert die Hotellobby, ohne von jemandem
beachtet zu werden und schlendert bei sehr milden Temperaturen ziellos
durch die festlich geschmückten Straßen der Millionenstadt.
Auf einer der Hochhausfassaden prangt eine überdimensional große
LED-Anzeige auf der kurzzeitig die Ziffer 8.997.000.804 zu lesen ist.
Die
Nachricht, Hoberman komme doch nicht, macht schnell die Runde, was die
Stimmung auf der Weihnachtsfeier des Geschwaders 62 jedoch nur kurzzeitig
etwas trübt. Lieutenant Applegate, Major Hunt, Colonel Perkins,
und Sergeant Arroyo gehen, in bester Tradition, umgehend wieder dazu
über, das reichhaltige Buffet zu stürmen und reichlich Champagner
nachzutrinken. Captain Lehman, Doc Candela, und Colonel McDormand, die
schon seit Wochen damit beschäftigt waren, ein Singspiel einzustudieren,
das Hoberman´s Zeit hier im Geschwader 62 auf humorvolle Art und
Weise nachzeichnen sollte, kündigen kurzentschlossen an, dieses,
am späten Abend, auch ohne Hoberman´s Anwesenheit aufführen
zu wollen, was sowohl bei Captain Lawrence, Captain Cockburn und Captain
Dunbar, als auch bei Cathy, Nataly, Sylvie, Zoe, Stella und Linda, den
Damen vom Catering-Service und dem Callgirl Cynthia, die Stimmung ebenfalls
merklich hebt. Einzig General Schlesinger, der sich durch Hoberman´s
Fernbleiben persönlich sehr betroffen zeigt, gibt, im Rahmen seiner
offiziellen Weihnachtsansprache, bekannt, dass er dessen Verhalten als
unerlaubtes Entfernen von der Truppe wertet und er sich kurzfristig
bei der Zentralverwaltung die Genehmigung für eine sofort zu vollstreckende
Vergeltungsaktion eingeholt hat. Mit reichlich Champagner beladen und
bester Laune, begibt sich das gesamte Geschwader 62, nebst weiblichem
Anhang, hinauf, in jene luxuriöse Hotelsuite, in der noch vor kurzem
Hoberman die letzten Stunden seines Dienstes abgeleistet hat. Sergeant
Townsend fährt den Rechner hoch, holt sich bei der Zentralverwaltung
die Flugberechtigung ein, indem er seinen Handrücken unter das
Scangerät hält und bekommt umgehend eine einsatzbereite Drohne
zugewiesen, die er bereits Sekunden später in die Straßenschluchten
der festlich beleuchteten Millionenstadt hineinsteuert. Hoberman ist
auf dem Bildschirm mittlerweile schon als kleiner blinkender Lichtpunkt
in der Menschenmasse auszumachen. Sergeant Townsend leitet den Sinkflug
ein. Hoberman ist von oben klar und deutlich zu erkennen. Die Taste
auf der Rückseite des Joysticks fühlt sich wärmer an,
als Sergeant Townsend dies erwartet hatte. Mit leichtem Druck des rechten
Daumens überwindet er die ersten Millimeter des Weges, der zum
Ziel führt, bis ein deutlicher Widerstand zu spüren ist. Sergeant
Townsend erhöht den Druck, und dann geht alles ganz schnell. Auf
dem Bildschirm sieht man Hoberman, in Nahaufnahme, wie er sich umwendet
und direkt in die Kamera blickt. Auf seinem Gesicht macht sich ein Ausdruck
der tiefen Zufriedenheit breit, was bei seinen ehemaligen Kameraden,
in der Hotelsuite, für respektvolles Staunen sorgt. Gerade noch
rechtzeitig, kurz vor Ablauf der Frist, betätigt Doc Candela, der
sich bekanntermaßen einbildet, als einziger im Geschwader 62,
ein annähernd freundschaftliches Verhältnis zu Hoberman aufgebaut
zu haben, den roten Buzzer und damit bleibt der zufrieden lächelnde
Hoberman unbeweglich auf dem Bildschirm eingefroren. Ausgelassen schenkt
man Champagner nach und General Schlesinger spricht einen Toast aus,
er habe ja gewusst, dass Hoberman sich nicht so schnell aus der Fassung
bringen lässt. Er sei halt doch ein Flieger der alten Schule.
*
20.12.2015