Nun,
eine ist bereits tot, zu Grabe getragen in Ankara, und ausgerechnet
die Dienstälteste liegt jenseits des Atlantiks schwer geschändet
darnieder und wimmert in den letzten Zügen um Gnade. Manche andere
Demokratie spielt noch mit dem Infektionsherd!
Alle suchen nach der Wahrheit und nach belastbaren Fakten. Jedermann
ruft nach Gerechtigkeit, und was tut die Welt? Westliche Demokratien
schaffen ihre Rechtsstaatlichkeit ab! Nur, weil jemand kommt und das
Alte diskreditiert, indem er vorgibt, im Besitz neuer alleiniger Wahrheit
zu sein? Ja, geht es noch?
Könnte da nicht jeder kommen?, hätte man noch vor wenigen
Jahren gefragt. Ja, leider jeder, und wenn er zudem über reichlich
Beziehungen und das Vermögen verfügt, hört ihm auch
noch eine von Unzufriedenheit infizierte Masse zu. Aber, genau deshalb
hat man Demokratien eingeführt, um den Einfluss weniger Reicher
und Adliger auf das Gemeinwesen einzuschränken, und das Wohl
aller nicht deren Interessen und Almosen auszuliefern.
Doch kümmern wir uns um die Infektion. Demokratien sehen sich
aktuell befallen vom Virus der "vermeintlichen Ungerechtigkeit",
dem Immunschwäche-Virus der Gesellschaft. Alles ist ungerecht,
das Schlechte und Böse regiert und das Bestehende ist das Werk
von Verbrechern und Lügnern. So stellt sich die Welt in den Augen
der Ungerechtbehandelten dar. Wodurch wird diese Sorge ausgelöst?
Was sickert da ein, in die demokratischen Bündnisse?
Es ist das Schwarze Gift der Zwietracht. Das davon handelt, dass die
Ungerechtigkeit grassiert und man selbst von Benachteiligung gepeinigt
wird. Erst auf dem Nährboden von Neid, Missgunst und Missachtung
kann die Volksseuche der Verachtung der Demokratie gedeihen. Die Sorge
ist, dass die Abwehrmechanismen gegen jene Schwarzmaler zu schwach
werden. Die Frage muss sein, wie kann man sich vor der Epidemie schützen?
Sind wir auf dem Alten Kontinent gewappnet gegen die Seuche der Beleidigten
und resistent gegen sinnentleerte Versprechen?
Da helfen zwei erste Vorsichtsmaßnahmen:
Erstens: Man glaube niemandem, der einem einreden will, dass man persönlich
ungerecht behandelt werde. Die eigene Missachtung ist das offene Einfallstor
jedes Populisten. Wer glaubte nicht gerne daran, ihm stünde mehr
zu vom Kuchen? Ein Schelm, wer das leugnen mag.
Zweitens: Man misstraue jedem, der genau das ändern will und
verspricht, der Gerechtigkeit zu ihrem Recht zu verhelfen. Womit man
im Handumdrehen dem bereits geltenden Recht die Legitimität abgesprochen
hat.
Wenn man sich dann noch erinnert, dass unsere Demokratie in erster
Linie auf einem Rechtsstaat basiert, der dazu erfunden wurde, dass
nicht nach Gerechtigkeitsempfinden von individuellen (meist schlecht
frisierten) Personen Recht gesprochen wird, sondern nach Maßstab
von Verfassung und Gesetz, durch ein institutionelles Gericht, dann
sollte klar sein: Nur das Vertrauen in unsere Institutionen kann uns
retten!
Mehr Recht statt Gerechtigkeit! Der Ruf nach Gerechtigkeit ist immer
einer aus dem Munde von jemandem, der zu wissen glaubt, was gerecht
ist. Nicht von einem, der das Recht für alle gelten lässt.
Der Aufruf Personen mehr Vertrauen zu schenken, als Institutionen
appelliert an unser Stammhirn, hat sich aber mittlerweile in der sozialen
Evolution bis zur Moderne als gänzlich ungeeignet erwiesen: Zuviel
individueller Missbrauch. You know? Great!
Die Demokratie schafft sich selbst ab, heißt es hoch theatralisch,
angesichts weltweiter Verfallserscheinungen eines politischen Systems,
das dafür angetreten ist, der Klasse der Mächtigen und Reichen
die Entscheidungen über das Wohl der Menschen aus der Hand zu
nehmen. Es ist schon paradox: Die Demokratie sei entmachtet und die
Autokratie der Reichen, ob Monarchie, Oligarchie und Aristokratie,
egal (nicht legal!), soll alles besser machen?
Über Recht und Gerechtigkeit entscheidet der Autokrat grundsätzlich
selbst. Der Abschaffung des Rechtsstaates wird immer seine erste Amtshandlung
gelten. Dazu muss jede Kontrollinstanz diskreditiert werden, das heißt
über die Öffentliche Meinung die Lufthoheit erobert werden.
Ja, vom Erdogan lernen, heißt Alleinherrschaft lernen.
Besser wäre noch, gleich vom Führer aller Führer selbst
zu lernen, dann könnte man noch gleich recherchieren, wie die
Sache eigentlich ausgegangen ist. Soviel vorweg: Sieger sehen anders
aus. Sieger sind sie alle nicht und werden sei nie sein, alle seine
Nachahmer. Sich in einem feuchtkalten Luftschutzbunker die Kugel zu
geben, hat so gar nichts Glamouröses. Vermutlich würde Trump
sich zumindest im Penthaus seiner eigenen Türme von zwölf
minderjährigen Jungfrauen in einem mit Dom Pérignon gefüllten,
sieben Meter tiefen Jacuzzi, ertränken lassen. Aber Sieger ist
er auch dann keiner.
Gewonnen hat dann eigentlich der schmächtige Zauselbart vom Schulhof,
Osama - wer kennt ihn noch - Bin Laden. Er hat die größte
Demokratie der Welt besiegt. Respekt! Sie ist bis in Ihre Grundfesten
zerbrochen, bis nur noch Geld übrig geblieben ist. Alle sind
sie ihm auf den Leim gegangen.
Darum setzen wir auf die Hoffnung, dass wir uns nicht anstecken mit
dem Virus der Ungerechtbehandelten. Wir glauben nie an die Lüge
von der Gerechtigkeit. Sie entsteht immer nur im Auge des gekränkten
Betrachters. Die Demokratie verteidigen heißt, das Recht der
Gerechtigkeit vorziehen: Den Institutionen zu vertrauen - nicht einzelnen
Personen! Das könnte uns noch einmal vor dem Schlimmsten bewahren.
+